Die Mutmacherin - Monika Magnus geht in den Ruhestand

Bereits jetzt denkt sie an diesen Tag mit sehr viel Wehmut. „Er wird schlimm. Es fällt mir schwer zu gehen. Mir werden der Stress und die Kollegen sehr fehlen“, sagt Monika Magnus ohne Umschweife. Die langjährige Suchtberaterin der Diakonie Naumburg-Zeitz wird Anfang Juli in den Ruhestand verabschiedet.

Heute feiert sie ihren 65. Geburtstag. Selbst mit einem großen und eng verzahnten Netzwerk aus den verschiedensten Behörden und Organisationen, aus Schulen und Selbsthilfegruppen, aus Polizei und Justiz sowie den Kolleginnen an der Seite arbeitet eine Suchtberaterin zwar mit vielen Menschen zusammen, aber vor allem eher still im Hintergrund. Sucht in all ihren Facetten, mit all ihren Schicksalen ist ein brisantes gesellschaftliches Thema, über das in der Öffentlichkeit nur wenig gesprochen wird. „Ich habe meine Arbeit immer sehr gern gemacht“, sagt Monika Magnus, die über Umwege zu ihrem Beruf, zu ihrer Berufung gekommen ist.

Berufsbegleitendes Studium
In Laucha geboren und in Rathewitz aufgewachsen, studierte sie am Institut für Lehrerbildung in Quedlinburg. Bis 1991 unterrichtete sie in Sangerhausen. „Dann fiel ich erst einmal in ein tiefes Loch.“ Über ein ABM-Projekt begann ihr Wirken in der Sozialarbeit. Sie war später für die Arbeiterwohlfahrt und das Deutsche Rote Kreuz tätig. Anschließend übernahm sie die Leitung des Wohnheimes „Zur Sonne“ für Suchtkranke des Vereins „Projekt 3“. Sie absolvierte ein berufsbegleitendes Studium zur Diplom-Sozialpädagogin, bildete sich am Fritz-Perls-Institut in Sachen Integrative Therapie weiter.

Am 1. April 2001 begann ihre Arbeit bei der Diakonie Naumburg-Zeitz. Als Schwangerschaftsvertretung gekommen, blieb sie schließlich 20 Jahre, vorrangig als Suchtberaterin. Darüber hinaus engagiert sie sich als Vorsitzende der Mitarbeitervertretung. Die Frage, über welche Fähigkeiten eine Suchtberaterin verfügen sollte, beantwortet Monika Magnus schnell und konzentriert: „Viel Einfühlungsvermögen, Wissen über die Erkrankung und zur Psychologie. Aber auch Kommunikationskompetenz und Durchsetzungsvermögen gehören dazu.

Und man muss ein guter Netzwerker sein. Denn es ist wichtig, das ganze Umfeld zu betrachten. Hinter einer Sucht stecken oftmals viele Probleme.“ Die Erkrankungen, mit denen sie zu tun hat, sind nicht minder vielfältig. Sie reichen von Alkoholsucht, Drogenabhängigkeit und pathologischem Glücksspiel über den übersteigerten Medienkonsum bis hin zur Sucht nach Kaufen, Putzen und Sex. Die Klienten sind zwischen 13 bis 70 Jahren alt. „Deutliche Worte gehören bei der Beratung ebenso dazu wie Mut zu machen. Ich muss mich abgrenzen können, denn die Verantwortung liegt bei dem Suchtkranken“, erzählt Monika Magnus.

Wichtige Rolle der Selbsthilfe
Meist ist es für den Erkrankten ein weiter Weg, der Zeit, Kraft, Geduld und Hilfe braucht. Von dem ersten Gespräch in der Suchtberatung über Entgiftung und Reha bis zur ambulanten Nachsorge. Vor allem die Selbsthilfegruppen seien innerhalb dieser Kette von Bedeutung. Monika Magnus: „Sie haben einen großen Wert für die Stabilisierung.“ Fünf an der Zahl begleitet sie seit 20 Jahren. „Und das werde ich auch weiterhin trotz der Rente tun“, blickt sie voraus.

Im vergangenen Jahr hat Corona auch die Arbeit der Suchtberatung verändert. „Wir haben reichlich Anfragen und neue Klienten erhalten. Und auch in der Nachsorge haben wir mehr zu tun. Viele wollen persönlich kommen, als nur mit uns zu telefonieren. Sie freuen sich darauf, rauszukommen und mit uns zu reden. Sie sind dafür dankbarer als früher“, so Monika Magnus, die gelernt hat, mit den Schicksalen und Lebensgeschichten ihrer Klienten persönlich umzugehen.

„Als ich noch in Sangerhausen gewohnt habe, habe ich die Fahrt nach Naumburg genutzt, um mich vorzubereiten, und die Fahrt nach Hause, um mich von dem Thema zu verabschieden. Aber an manchen Tagen nehme ich mir schon etwas mit.“ Dabei seien die Kolleginnen immer eine Stütze, auch um Abstand zu halten. „Wir haben viele Fallbesprechungen, reden miteinander über unsere Gefühle und Gedanken.“

Schulleiterin schätzt Arbeit
Kathrin Wahlbuhl-Nitsche, Leiterin der Freien Schule Burgenland „Jan Hus“, hat die Tätigkeit von Monika Magnus in verschiedenen Bereichen kennengelernt. „Ich persönlich schätze einerseits ihre Arbeit in der Prävention mit den Schülern, aber auch in den vielen Elternseminaren. Andererseits habe ich Frau Magnus als Begleiterin von Angehörigen und Suchterkrankten selbst erlebt und habe größte Hochachtung vor ihrer Arbeit. Sie hat auch in meinem persönlichen Umfeld suchtkranken Menschen, die gegen diese Krankheit in ihren vielfältigen Facetten gekämpft haben, nicht nur den Weg durch den Behördenund Antragsdschungel für Entzug und Reha gewiesen, sondern sie hat in unzähligen persönlichen Gesprächen und Beratungen zugehört, Ratschläge gegeben und immer wieder Mut gemacht.“

Doch nicht nur Monika Magnus selbst blickt dem Abschied mit Melancholie entgegen. Seit vielen Jahre arbeitet Jacqueline Haller als Suchtberaterin an ihrer Seite. „Es fällt mir schwer, sie gehen zu lassen. Sie ist ein Herzensmensch und für mich wie eine zweite Mutter“, sagt die Naumburgerin. Wie sie die Zeit ihres kommenden Ruhestandes gestalten will, darüber macht sich Monika Magnus Gedanken. Sicher ist: Sie will aktiv bleiben. „Ich werde die Augen offen halten, was sich da bietet. Wer rastet, der rostet“, sagt sie. Seit elf Jahren lebt sie wieder in Rathewitz, im elterlichen Haus. „Ich werde den Sommer mit meiner Familie genießen, mit den Kindern und Enkeln“, freut sich Monika Magnus.

Naumburger Tageblatt 15.05.2021
Text: Constanze Matthes
Foto: Torsten Biel